KiMiss-Studie 2016/2017

Universität Tübingen untersucht Auswirkungen konfliktreicher Trennungen

Das KiMiss-Projekt der Universität Tübingen untersucht die Auswirkungen einer konfliktreichen Trennung der Eltern. Dabei kann es zu einer Sorgerechtsproblematik, zu Problemen wie Eltern-Kind-Entfremdung oder Sorgerechtsmissbrauch kommen. Die erste KiMiss-Studie wurde 2012 durchgeführt. Die aktualisierte Studie aus 2016/2017 zeigt die Veränderungen auf, die sich insbesondere durch die Neuregelung des §1626a BGB ergeben hat.  Die Neuregelung hatte das gemeinsame Sorgerecht für nicht verheiratete Paare quasi zum Standard gemacht.

Methode KiMiss Studie

Die Datenerhebung erfolgte über anonyme Befragungen mit Hilfe eines Fragebogens. Sie richtete sich an Elternteile, die getrennt von ihren Kindern leben und sich mehr Kontakt zu diesen wünschen. Das Ziel der Studie war es, das Ausmaß von nicht-sexuellen Formen der Kindesmisshandlung zu qualifizieren.

Ca. die Hälfte der untersuchten Fälle hat vor der Neuregelung des Umgangsparagraphen begonnen, während die andere Hälfte danach begonnen hat.

Emotionaler Missbrauch in 62 % aller Trennungsfälle

Die Auswertung ergibt, dass in 62% der Fälle eine Form von Kindesmisshandlung vorliegt. In 38% der Fälle ist das Kind gefährdet und in 2% der Fälle ist das Kind beeinträchtigt.

Hierbei wird der im deutschen verwendete Begriff „hochstrittig“ kritisiert. Vielmehr liegt eine Problematik von nicht-körperlicher und nicht-sexueller Gewalt vor.

Je weniger Umgang, desto höher die Warscheinlichkeit einer Eltern-Kind-Entfremdung

Die Wahrscheinlichkeit einer Eltern-Kind-Entfremdung korreliert mit der Zeit, die Eltern und Kind miteinander verbringen.

Demnach sollte aufs Jahr gerechnet die gemeinsame Zeit 16% nicht unterschreiten. Wird diese Zeit mit dem Kind verbracht, so ist die Wahrscheinlichkeit einer Eltern-Kind-Entfremdung genauso  wahrscheinlich, wie dass es nicht zu einer Entfremdung kommt.

Quelle: KiMiss-Studie 2016/17, S. 8

Bei einer in Deutschland üblichen Umgangsregelung wird alle 14 Tage das Wochenende gemeinsam verbracht und die Ferien hälftig. Dies entspricht aufs Jahr gerechnet einer Betreuungszeit von 30%. Bei dieser Regelung beträgt das Entfremdungsrisiko ebenfalls noch 30%.

Selbst wenn die Betreuung des Kindes vollständig paritätisch ist (z. B. bei einem Wechselmodell), beträgt die Entfremdungswahrscheinlichkeit 10%.

Zeitliche Veränderungen KiMiSS Studie 2016 zu 2012

Im Untersuchungszeitraum hat das gemeinsame Sorgerecht im Gegensatz zum alleinigen Sorgerecht von 34% auf 53% zugenommen.

Die Zahl der Fälle von Eltern-Kind-Entfremdung hat sich halbiert.

Fazit KiMiss-Studie: Umgangselternteile haben nach wie vor nur wenig Umgang

Elternteile, denen eine gleichberechtigte Verteilung der Elternrolle verweigert wird, gab es 2012 zu 80%. 2017 ist die Zahl auf 88% gestiegen.

Die Kontaktzeiten zwischen umgangsberechtigen Eltern und ihrem Kind hat sich kaum verändert und liegt aktuell bei 20%.

Nach wie vor hohe Kritik an Jugendamt, Gerichten und Sachverständen

Die Kritik der Eltern an Gerichten und Verfahrensbeteiligten bleibt auf hohem Niveau. 74% der Eltern sehen nicht, dass das Jugendamt das Kindeswohl berücksichtigt hätte. Bei der Beurteilung der Amtsgerichte liegt die Zahl bei 73%. Die Werte für die Verfahrensbeistände und die Gutachter betragen bei 62% bzw. 57%.

Weiterführende Informationen zum KiMiss-Projekt und der vollständigen Studie finden Sie unter:

https://www.kimiss.uni-tuebingen.de/

5 thoughts on “KiMiss-Studie 2016/2017

  1. Sabine Stracke September 21, 2022 at 7:04 am

    Hallo
    Meiner Meinung nach (ich bin betroffen) liegt ein absolutes Fehlverhalten in den Urteilen des Gerichtes. Diese erkennen trotz eindeutigen Ergebnissen, von gerichtlichen Familiengutachten& Verfahrenspflegern, die Auswirkung ihres Urteils nicht. Richtern/ Richterinnen fehlt es an Wissen in Psychologie . In meinem Fall sind alle Fachleute über jetzt vier Jahre ( im Sorgerechtsstreit!) zu einem ganz eindeutigen Ergebnis gekommen. Trotzdem entscheidet das OLG Hamm dementsprechend und entscheidet in meinen Augen kindeswohlgefährdent.
    Was soll man da noch machen.

  2. Sylvia September 22, 2022 at 11:18 am

    Entfremdung durch massive Einschränkungen des Umgangs scheint nur dann kein Problem zu sein wenn es um den Kontakt mit der Mutter geht. Das Zerbrechen der Beziehung läuft in diesem Fall unter Kollateralschaden (Aussage Jugendamt Augsburg). Für mich ist das Diskriminierung!

  3. Tatjana Oktober 11, 2022 at 11:45 am

    Da kann ich leider mitreden… (und ich habe seit Mai 2021 keinen!!! Umgang mit meinem Sohn). Das Jugendamt hat zwar eine solche Aussage bisher nicht getroffen, aber sie verhalten sich dementsprechend. Kindeswohlgefährdende Anzeigen werden direkt an den Kindesvater weitergeleitet (Dienstaufsichtsbeschwerde läuft und wurde vom Referatsleiter ignoriert. Im Augenblick kümmert sich die Oberbürgermeisterin darum). Im Sinne des Kindes wird rein gar nichts unternommen trotz Hinweisen auf den psychischen Missbrauch nebst Belegen, in der Regel vom Gefährder selbst.

    • daniel Ludewig Oktober 1, 2023 at 1:30 pm

      Das war/ist alles vergebene Liebesmüh das Jugendamt ist einbe Exekutive keine Judikative Behörde
      Sieh dir flogendes an
      §14 RPflG
      §1684 Abs. 2 BGB
      unter Google:
      Publikation Prof Dr. Ursula Gresser bei 2014 Thema: Macht
      Kontaktabbruch zu den leiblichen Eltern Kinder krank? NZFam 2015, 989 Quelle: Neue Zeitschrift für Familienrecht (NZFam) von Prinz A., Gresser U. (2015) NZFam 21/2015 vom 06.11.2015, 2: 989-995 einen wissenschaftlichen Beitrag.
      Die kleine Einleitung dazu reicht aus um zu sagen worum es dir geht

  4. daniel Ludewig Oktober 1, 2023 at 1:19 pm

    Ich befasse mich mit Familienrecht war selbst betroffen Habe 9 Jahre ohne Anwalt gekämpft. Gerade die Kimiss Studie konnte ich sehr gut gebrauchen. Gerade bei Gutachten wenn es um die Beziehung zum Kind geht, da zum Bespiel werden die Ursachen nicht weiter analysiert, der Fragebogen der Kimiss-Studie hilft bei der Ursachenfindung.. Ich konnte daher ohne Anwalt ein Beziehungsgutachten restlos zerlegen. In meinem Fall war das Jugendamt die Verantwortlichen.
    Dass Kind war im Albert Schweizer Kinderdorf Sachsen e.V. bei Familie Nadler (9 Kinder) unter gebracht. Ohne richterlichen Beschluss bekomnmen dort die Eltern nur 3h im Monat sogenanntes Umgangsrecht. Da ich auf Grund § 14 RPflG iVm § 1684 Abs 2 BGB mir einen richterlichen Beschluss geholt habe flog. der Junge aus dem Albert Schweizer Kinderdorf Sachsen eV. mit der Begründung er stört das Betriebsklima raus Naja ich hatte angefangen Aufklärung zu betreiben und das passte der Herren nicht.
    Mit 15 Jahren war mein Junge bereits schwerer Drogenkonsument und im Handel tätig. Auf Grund der Tatsache dass das JA den Jungen in eine psychatrische geschlossene Anstalt unterbringen wollte Bat dieser mich um Hilfe. 1,5 Jahre lag unser letzter Umgang zurück und trotzdem gewann ich 2019 das Verfahren – Sorgerecht – Nach 1,5 Jahren hatte ich den Jungen wieder fit bekommen.
    Recht herzlichen Dank für eure Arbeit und Mühe

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